Auf ihrem 1000 km langen Marsch durch die Schweiz ist die „Bainvegni Fugitivs“-Gruppe am 4. November auch in Basel vorbei gekommen. Bei der Mittleren Brücke, wo die „Helvetia auf Reisen“ der Künstlerin Bettina Eichin nachdenklich auf den Rhein blickt, haben wir die Wandernden mit einem Friedenslied begrüsst.
Olivia von der Anlaufstelle für Sans-Papiers illustrierte in ihrer Begrüssungsrede, wie das weltoffene Basel „welcome to Basel“ nur für eine kleine Elite von Fachkräften, Touristen und anderen zahlungskräftigen Menschen gilt, wie hingegen Menschen, die alleine aufgrund ihres Aussehens nicht zu dieser Elite zu gehören scheinen, z.B. weil sie dunkle Haut haben, in dieser schönen Stadt jederzeit damit rechnen müssen, von der Polizei kontrolliert zu werden.
Claudia sprach im Namen des Marche Mondiale des Femmes die Situation der Frauenflüchtlinge an und sammelte Unterschriften für den „Appel d‘elles“ welcher fordert, dass Frauenflüchtlinge, die im Herkunftsland und auf der Flucht Gewalt oder Vergewaltigung welche erleiden, in der Schweiz Schutz finden und nicht mehr wie bisher ausgewiesen werden dürfen.
Für die Stärkung der Wandernden, und als Zeichen dafür, dass Arme, Arbeitslose und AusländerInnen in einer zunehmend ausgrenzenden Gesellschaft gemeinsam solidarisch sein sollen, übergaben die BaslerInnen der Wandergruppe Trockenobst aus dem „Schlemmergarten“ der Kontaktstelle für Arbeitslose.
Franzi von BastA begleitete die Wandergruppe zusammen mit Hund Bolle zu den weiteren Stationen des Tages. Zuerst zum Haus von Longo Mai, wo Kathi ein Mittagessen und Unterkunft bereit gestellt hatte.
Satt aber müde, machte sich die Gruppe darauf hin wieder auf den Marsch quer durch die Stadt, Richtung Bässlergut. Wahrscheinlich gibt es keinen anderen Ort in der Schweiz, der so augenfällig zeigt, mit welch abschreckender Haltung die Schweiz Menschen auf der Flucht empfängt: direkt neben dem „Empfangszentrum“ steht das Ausschaffungsgefängnis.
Beides sieht wie ein Gefängnis aus! Almut von der Blackboxx kennt die Erzählungen der Flüchtlinge und weiss wie wenige andere, wie das Leben im Lager funktioniert. Es ist gepflastert mit kleinen Demütigungen, wie z.B. der Verordnung, dass alle Lebensmittel, z.B. auch Schoggi, die man mit seinem Sackgeld gekauft oder geschenkt bekommen hat, am Eingang konfisziert werden – aus Gründen der Hygiene. Auch Handys wurden bis diesen Sommer ohne Vorwarnung beschlagnahmt und erst wieder bei der Abreise zurück gegeben.
Gleichzeitig befinden sich die Flüchtenden in diesen ersten Tagen der Ankunft in einer entscheidenden Phase des Asylverfahrens: die erste Anhörung findet statt, und die Aussagen in dieser Anhörung sind entscheidend dafür, ob auf ein Asylgesuch eingetreten wird! Die Flüchtenden sind sich der Bedeutung dieser Anhörung oft nicht bewusst, und selbst wenn sie sich dessen bewusst sind, ist es gerade für Menschen mit traumatischen Gewalterfahrungen schwierig bis unmöglich diese offen und sachlich dem Befrager oder der Befragerin zu erzählen.
So will es aber das Asylverfahren. Die späteren Befragungen sind dann hauptsächlich darauf angelegt, eine mögliche Unglaubwürdigkeit zu finden. Bei einer solchen Anwendung des Asylverfahrens ist es leider nicht erstaunlich, dass die Zahl der Menschen, welche die Schweiz zwangsweise wieder verlassen müssen, ständig zunimmt. Das Ausschaffungsgefängnis Bässlergut wird zur Zeit für 40 Millionen Franken um 78 Gefängnisplätze ausgebaut. Diese Zusammenhänge zeigten uns Mitglieder des Bleiberecht-Kollektiv auf.
Eine Form des Widerstands gegen diese menschenunwürdige Politik ist das Magazin „Fiasko“, in welchem Menschen auf der Flucht und solidarische Menschen ihre Erfahrungen sichtbar machen. Nach dem Ausflug zu diesem beklemmenden Wahrzeichen der Stadt Basel führten Franzi und Bolle die Gruppe zum Abendessen ins Hinterhaus der Wohngenossenschaft Klybeck.
Ein internationales Kochteam, das Kollektiv „Zur Bleibe“ bewirtete die erschöpfte Gruppe. Und dies bewirkte Wunder: mit Billardspiel und Tanz klang der Abend aus, und erst spät in der Nacht nahm die Gruppe den Weg zurück zum Longo Mai-Haus unter die Füsse. (cst)