Im Jahr 2000 werden auf der ganzen Welt im Rahmen des "Weltmarsch der Frauen" Aktionen und Demonstrationen von Frauen stattfinden.

In Montréal wurde eine weltweite Plattform mit Forderungen die Gewalt und die Armut,mit und in der viele Frauen leben, erarbeitet.

In Europa werden wir für unsere Forderungen nach Gleichberechtigung, Gerechtigkeit und Solidarität und gegen Gewalt, Diskriminierung und die Verweigerung von Rechten demonstrieren.

Wir Frauen in Europa werden für die Schaffung einer Welt marschieren, in der Frauen und Männer gleichberechtigt sind, einer Welt, in der die Herrschaft der Männer mit allem, was sie für Frauen an Marginalisierung und Gewalt bedeutet, abgeschafft ist.

Wir Frauen in Europa werden marschieren, um die dramatischen Konsequenzen, die das Gesetz des Profits zur Folge hat, anzuprangern und zu bekämpfen; wir werden für die Schaffung einer Welt marschieren, die auf der Teilung des Reichtums, auf Gleichberechtigung, Gerechtigkeit und Solidarität gegründet ist.

Wir Frauen in Europa werden marschieren, um unseren Einsatz für Frieden, Entwicklung und Demokratie zum Ausdruck zu bringen.

Wir Frauen in Europa werden in Solidarität mit den Frauen aus den ärmsten Ländern marschieren und unterstützen ihre Forderungen.

Dieser Marsch ist ein Schritt in Richtung auf die Entwicklung von Frauennetzwerken, die eine Gegenkraft darstellen und sich gegenüber den europäischen Organisationen und den Regierungen der einzelnen Länder Gehör verschaffen werden.

Wir fordern eine tatsächliche Umkehr im Denken und wollen nicht mehr auf einen den Frauen versprochenen angeblich "gleichberechtigten Zugang" warten.

I - FÜR EIN SOLIDARISCHES, DEMOKRATISCHES, OFFENES EUROPA

Frauen sind von den Auswirkungen der wirtschaftlichen Globalisierung zentral betroffen:

Flexibilisierung, unsichere Arbeitsplätze, Ausbeutung, Entwurzelung, Anstieg der Ungleichheit, Infragestellung des Erreichten. In Europa wie überall auf der Welt bezahlen vor allem Frauen den Preis für die Globalisierung, indem sie nach der Logik des Wettbewerbs die Hauptmasse der flexiblen und billigen Arbeitskräfte darstellen. Sie sind von Wirtschaftskrisen und Umstrukturierungen am stärksten betroffen. In Mittel- und Osteuropa hat der Übergang zur Marktwirtschaft 75 Millionen Menschen, und Frauen in erster Linie, in Schwierigkeiten gebracht. Die jetzt den Gesetzen des Marktes unterworfenen sozialen Rechte sind nicht mehr gewährleistet, die öffentlichen Dienstleistungen werden abgebaut, die öffentlichen Investitionen sinken. Diese Situation erzeugt die Bedingungen für den Ausbruch von Unruhen und ethnischen Konflikten, deren erste Opfer immer die Frauen sind.

WIR WOLLEN

EIN SOLIDARISCHES EUROPA, das alle seine Kraft einsetzt, um die sich vergrößernde Kluft zwischen reichen Ländern und Ländern mit ökonomischen Problemen sowie zwischen Frauen und Männern zu verringern.

- Wir fordern die Tilgung der Schulden aller Länder der Dritten Welt und die Beendigung der Strukturanpassungsprogramme.

- Wir schließen uns den internationalen Aufrufen an, die eine Kontrolle der Welthandelsorganisation (WTO) durch die Bevölkerung fordern, ein Moratorium für alle Entscheidungen, die die Befugnisse der WTO erweitern und eine Deregulierung in vielen Bereichen bewirken würden, eine Steuer auf finanzielle Transaktionen (Tobin-Steuer) und alle Maßnamen, die geeignet sind, den Einfluß der multinationalen Unternehmen und der Kapitaleigner einzuschränken.

- Wir fordern die Abschaffung der Steuerparadiese und des Bankgeheimnisses.

Wir wollen, daß jedes europäische Land seine Zusammenarbeit mit anderen Ländern daran ausrichtet, die Gleichberechtigung von Frauen und Männern zu fördern. Die Ziele sollen sein:

- Unterstützung von Initiativen gegen Armut und die Unterordnung von Frauen,

- Förderung der Autonomie von Frauen sowie ihrem Zugang zu Ressourcen und Verminderung ihrer Arbeitslast.

EIN DEMOKRATISCHES EUROPA, das die Beteiligung der Frauen im öffentlichen Leben fördert.

Überall, auch in den westlichen Demokratien, sind Frauen Staatsbürgerinnen zweiter Ordnung.

Ihre erkämpften Rechte werden ständig in Frage gestellt, und dieselben Regierungen, die sich über die Lebensbedingungen der Frauen im Süden empören, unterstützen die oftmals diktatorischen Regime, die über diese Frauen herrschen.

- Wir fordern die gleichberechtigte Teilnahme von Frauen und Männern am politischen, ökonomischen, sozialen und kulturellen Leben.

- Wir fordern, daß unsere Regierungen diktatorischen Regimen, die Frauen unterdrücken, ihre Unterstützung entziehen.

- Wir fordern die Trennung von Staat und Religion, und wir kämpfen gegen Fundamentalismen und die Macht der Religionen über unser Leben; wir fordern, daß diskriminatorische und religiös begründete Zivilgesetze in Europa nicht anerkannt werden und daß bilaterale Verträge mit Ländern, die solche Gesetze billigen, abgeändert werden.

- Wir wollen den Zugang zur Staatsbürgerschaft für BürgerInnen anderer Staaten sowie das aktive und passive Wahlrecht. Gleiches Recht für alle!

EIN EUROPA DER NACHHALTIGEN ENTWICKLUNG

Überall hat der Wettbewerb zwischen den Staaten und den Unternehmen verheerende Folgen: Die Umwelt wird durch Ausbeutung der Ressourcen und durch Verschmutzung zerstört.

- Wir fordern gesunde und ausreichende Ernährung für alle und Informationen über genetisch veränderte Organismen.

- Wir fordern, daß alle Empfehlungen der Weltkonferenzen zum Umweltschutz unverzüglich umgesetzt werden.

- Wir fordern, daß Europa sich für eine gerechte Verteilung des Reichtums und den Kampf gegen die ungleiche Entwicklung und den Hunger einsetzt.

EIN EUROPA DES FRIEDENS

Der Rüstungswettlauf geht immer noch weiter und mißachtet die Rechte der Menschen auf der ganzen Welt.

- Wir fordern eine drastische Senkung der Militärausgaben, ein Verbot des Waffenhandels, der die reichen Länder noch reicher und die armen ärmer macht, und ein Ende der zerstörerischen und gefährlichen Nukleartechnik. Wir wollen eine Studie über die verheerenden Folgen des Krieges für die Umwelt.

- Wir wollen, daß Europa eine aktive Außenpolitik betreibt, um Konflikte und bewaffnete Aggressionen zu verhindern und zu beenden.

- Wir fordern die Anerkennung des Rechts auf Selbstbestimmung der Völker.

EIN OFFENES EUROPA, das, anstatt sich - wie durch die Verträge von Schengen vorgesehen - in eine Festung zu verwandeln, den ImmigrantInnen einen Platz einräumt und Diskriminierungen ihnen gegenüber (besonders gegenüber den Frauen) abschafft.

Für die Ausländerinnen und Immigrantinnen fordern wir insbesondere

- die Legalisierung von Menschen ohne gültige Papiere, ein Aufenthaltsrecht für alle und auf individueller Basis, unabhängig von Familienstand und Verwandtschaftsverhältnissen, außerdem Freizügigkeit für alle Menschen;

- einen Stop der Festnahmen und Abschiebungen und die Schließung der Lager;

- die Anerkennung des Rechts auf Asyl und die Zuerkennung von Asyl für Frauen, die wegen sexistischer Diskriminierung und Verfolgung und/oder sexueller Gewalt oder Diskriminierung oder Verfolgung aufgrund ihrer sexuellen Orientierung fliehen;

- ein Aufenthaltsrecht, das unabhängig ist vom Status einer Ehefrau, Mutter, Tochter, Schwester oder Zweitfrau;

- die Möglichkeit, sich scheiden zu lassen oder sich zu trennen, ohne dadurch das Aufenthaltsrecht zu verlieren.

EIN UMFASSENDES EUROPA,

das alle europäischen Länder einschließt, die östlichen wie die westlichen, die nördlichen wie die südlichen.

Im Rahmen des Weltmarsches der Frauen werden Frauen aus allen diesen Ländern gemeinsam marschieren.

II - GEGEN ARMUT, UNSICHERE ARBEITSVERHÄLTNISSE, FÜR SOZIALE, ÖKONOMISCHE UND BERUFLICHE GLEICHBERECHTIGUNG

Frauen und Mädchen verrichten weltweit zwei Drittel der Arbeit. Der Großteil dieser Arbeit wird jedoch weder bezahlt noch anerkannt oder geschätzt. Und doch würde nichts mehr funktionieren, wenn die Frauen aufhörten zu arbeiten. Überall und seit jeher verrichten Frauen die Hausarbeit. Frauen sind von Arbeitslosigkeit und unsicheren Arbeitsverhältnissen am stärksten betroffen.

Nur selten bekommen sie die höchstgeschätzten Arbeitsplätze, und ihr Einkommen bleibt unter dem der Männer.

WIR WOLLEN EIN SOZIALES EUROPA, wo die Rechte, die Einkommen und die Lebensqualität in Richtung auf das höchste Niveau harmonisiert werden. Wir wollen Vollbeschäftigung mit den dazugehörigen Rechten, Gleichberechtigung im Arbeitsleben, das Recht auf ein menschenwürdiges Leben, und wir wenden uns gegen jede Diskriminierung.

Zum Recht auf Arbeit und um die Arbeitslosigkeit zu beenden, fordern wir

- einen garantierten Mindestlohn in ausreichender Höhe überall in Europa;

- eine deutliche Verkürzung der Arbeitszeit ohne Reduktion der Löhne, ohne Flexibilisierungen, mit entsprechenden Neueinstellungen;

- Maßnahmen zur Abschaffung der Schwarzarbeit und aller Formen von "moderner Sklaverei".

Zur Gleichberechtigung von Frauen und Männern im Arbeitsleben fordern wir

- gleichen Lohn für Männer und Frauen;

- keine Teilzeitarbeit gegen den Willen der Betroffenen;

- ein Verbot von sexistischer und rassistischer Diskriminierung oder solcher gegenüber von Behinderten bei der Einstellung oder beim Zugang zu Ausbildungsplätzen;

- das Recht auf und Zugang zu Schul- und Weiterbildung;

- ein Verbot von Nachtarbeit für Frauen und Männer, abgesehen von den Bereichen, wo sie unumgänglich notwendig ist, und dann nur mit entsprechender Entschädigung;

- das Recht auf vollständig bezahlten Mutterschaftsurlaub.

Zu den sozialen Rechten, die ein menschenwürdiges Leben ermöglichen, fordern wir

- die Erhöhung des Arbeitslosengeldes und anderer Sozialleistungen;

- die Erhaltung und Ausweitung des sozialen Netzes;

- gleichen Zugang zu Gesundheitsversorgung und Wohnung; vorrangigen Zugang zu Sozialwohnungen für Obdachlose und alleinstehende Frauen, mit und ohne Kinder;

- ein kostenloses und qualitativ hochstehendes Bildungssystem für alle Menschen;

- die Schaffung von sozialen Einrichtungen, vor allem von Betreuungseinrichtungen für alle Kinder und für pflegebedürftige Menschen;

- für die Arbeitslosen kostenlose Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel, kostenlosen Strom, außerdem Zugang zu kulturellen Einrichtungen und Medien;

- für die geistig oder körperlich Behinderten: Zugang zu allem, was für ein menschenwürdiges Leben notwendig ist.

Eine Grundsicherung für alle in akzeptabler Höhe soll ein Leben lang garantiert sein. Die Reduzierung der Militärausgaben würde es erlauben, beträchtliche Summen für soziale Aufgaben zur Verfügung zu stellen.

Gegen die verschiedenen Formen von Diskriminierung fordern wir

- das Ende von Maßnahmen gegen Gewerkschaften;

- Sanktionen gegen alle Formen von Belästigung am Arbeitsplatz;

- die Abschaffung der Diskriminierung von Frauen ausländischer Herkunft in allen wirtschaftlichen und sozialen Bereichen, das Recht auf einen dauerhaften Aufenthalt, der auch das Recht auf Arbeit und juristische, ökonomische und soziale Selbständigkeit einschließt. Wir fordern Maßnahmen und Kampagnen in Familienpolitik und Familiengesetzgebung, die eine gerechte Verteilung der Hausarbeit zwischen Männern und Frauen bewirken.

III - FÜR DAS RECHT DER FRAUEN, ÜBER IHREN KÖRPER ZU VERFÜGEN UND IHREN LEBENSSTIL, IHRE SEXUALITÄT UND SEXUELLE ORIENTIERUNG ZU WÄHLEN

Die Staaten müssen den Frauen das Recht zuerkennen, über ihren eigenen Körper und ihr Leben zu verfügen, und müssen allen Frauen den Zugang zu Verhütungsmitteln, zur Abtreibung, zur freiwilligen Sterilisation sowie die freie Wahl ihrer Sexualität garantieren.

Zum Recht auf Verhütung, Abtreibung und freiwillige Sterilisation fordern wir,

- daß die rezeptpflichtigen Verhütungsmittel von den Krankenkassen oder entsprechenden Einrichtungen bezahlt werden und die übrigen zu gemäßigten Preisen erhältlich sind;

- daß die Frauen mindestens bis zur 12. Schwangerschaftswoche die Möglichkeit zur Abtreibung unter bestmöglichen Bedingungen erhalten; die Möglichkeit der Abtreibung mit Medikamenten muß überall in Europa gegeben sein;

- daß Abtreibungen von den Krankenkassen oder entsprechenden Einrichtungen bezahlt werden;

- daß allen Frauen diese Rechte eingeräumt werden, auch Minderjährigen (unabhängig von der Zustimmung der Eltern) und Ausländerinnen (unabhängig von Dauer und Status ihres Aufenthalts);

- daß alle Frauen unabhängig von ihrer Lebensweise und sexuellen Orientierung den gleichen Zugang zur Mutterschaft haben.

Zum Recht, den eigenen Lebensstil und die sexuelle Orientierung zu wählen, und um der Gewalt gegen Lesben zu begegnen fordern wir,

- daß Maßnahmen zur gesellschaftlichen Anerkennung von Lesben und zur Beendigung der herrschenden heterosexuellen Norm ergriffen werden;

- daß Gewalt gegen Lesben als Verletzung der grundlegenden Menschenrechte begriffen wird;

- daß Lesben die gleichen Rechte erhalten wie heterosexuelle Frauen und keinerlei Diskriminierung erleiden (Umsetzung des Art. 13 des Vertrags von Amsterdam).

IV - FÜR DIE BESEITIGUNG JEGLICHER GEWALT GEGEN FRAUEN

Alle Formen von Gewalt gegen Frauen und Mädchen müssen als Verletzung der grundlegenden Menschenrechte begriffen werden. Sie können durch keinerlei Sitte, Religion, Kultur oder politische Umstände gerechtfertigt werden. Sie haben ihre Wurzeln in den Geschlechterbeziehungen in der Gesellschaft als ganzer und sind daher nicht die "Privatangelegenheit" der Opfer. Sie sind vielmehr ein gesamtgesellschaftliches Phänomen und rühren daher, daß die Gesellschaft diese Formen von Gewalt noch immer duldet. Sie haben eine ganze Reihe von körperlichen, seelischen, geistigen und finanziellen Folgen, deren sich die Staaten bewußt sein müssen. Sie zielen darauf ab, die Würde und das Selbstwertgefühl von Frauen und Mädchen zu zerstören. Sie werden in bewaffneten Konflikten eingesetzt, um Frauen zu demütigen und zu vernichten, ein Gebiet zu unterwerfen, den Feind zu entmutigen und "ethnische Säuberungen" durchzuführen. SIE DÜRFEN NIEMALS HINGENOMMEN WERDEN.

Unsere Forderungen zielen darauf ab, die Gesetzgebung in den verschiedenen europäischen Staaten in Richtung auf das höchste Niveau zu harmonisieren, um größtmögliche Wirksamkeit im Kampf gegen die Gewalt zu erreichen.

Auch wenn die meisten europäischen Staaten im Lauf der letzten beiden Jahrzehnte eine Reihe von immer umfangreicheren Gesetzen verabschiedet haben, so möchten wir unterstreichen, daß es nicht ausreicht, Gesetze zu beschließen - so gut auch immer sie sein mögen -, sondern daß auch ihre Umsetzung sichergestellt werden muß.

Wir fordern, daß in jedem Land unabhängige Instanzen zur Kontrolle der Umsetzung von Gesetzen geschaffen werden, an denen auch Frauenrechtsorganisationen und Organisationen von Gewaltopfern beteiligt sind.

FÜR EIN EUROPA, DAS GEWALT GEGEN FRAUEN UND MÄDCHEN ÜBERALL AUF DER WELT BEKÄMPFT

- Wir fordern, daß die Staaten, die die Menschenrechte auf ihre Fahnen schreiben, jegliche politische, religiöse, ökonomische oder kulturelle Machtausübung über das Leben von Frauen und Mädchen verurteilen, diejenigen Regimes öffentlich anprangern, die die grundlegenden Rechte von Frauen und Mädchen nicht respektieren, und Druck ausüben, damit solche Staaten die internationalen Verträge über Menschenrechte zur Anwendung bringen.

- Wir fordern, daß alle Staaten die Gerichtsbarkeit des Internationalen Gerichtshofs anerkennen und insbesondere auch solche Vereinbarungen unterzeichnen, nach denen Vergewaltigung und sexuelle Übergriffe Kriegsverbrechen sind. Wir forden, daß sie sich an der Auffindung und der Verhaftung von Beschuldigten aktiv beteiligen, die von internationalen Strafgerichten verurteilt werden sollen.

- Wir fordern, daß alle Staaten wirksame Aktionspläne, Programme und Projekte etablieren und mit ausreichend Geldmitteln und Befugnissen ausstatten, um der Gewalt gegen Frauen eine Ende zu bereiten. Diese Aktionspläne müssen insbesondere folgende Elemente umfassen: Prävention, Sensibilisierung der Öffentlichkeit, Strafverfolgung und "Behandlung" der Täter, Forschungen und Erstellung von Statistiken über Gewalt gegen Frauen, Sorge und Schutz für die Opfer, Kampf gegen Pornographie, Zuhälterei und jegliche sexuelle Übergriffe - darunter auch sexuellen Mißbrauch von Kindern -, erleichterter und garantierter Zugang zu Gerichtsverfahren, entsprechende Ausbildung von RichterInnen, PolizistInnen und allen, die am Kampf gegen Gewalt beteiligt sind.

- Wir fordern, daß Einrichtungen zur Aufnahme, Hilfe und Unterkunft, Krisenzentren, Stellen zur Information und zur Unterstützung für Frauen und Mädchen, die Opfer von Gewalt geworden sind, geschaffen - wo sie noch nicht existieren - bzw. ausgebaut werden. Insbesondere müssen alle Ausbildungssysteme dahingehend reformiert werden, daß Sexismen und Klischees zu Geschlechterrollen und sexueller Orientierung, da sie der Gleichberechtigung abträglich sind, abgeschafft werden und stattdessen der Respekt gegenüber der bzw. dem anderen gefördert wird. Alle im Unterrichtsbereich Tätigen müssen eine entsprechende Ausbildung erhalten.

FÜR EINE VERBESSERUNG DER STRAFPROZESSVORSCHRIFTEN fordern wir,

- daß die Opfer im Strafprozeß zumindest dieselben Rechte haben wie die Täter. Die betroffenen Frauen müssen während des gesamten Prozesses ein Recht auf Unterstützung und Information haben;

- daß die Behörden Schutzmechanismen für die Opfer von Gewalt einrichten sowie auch Mechanismen zur Kontrolle ihrer Anwendung;

- daß es in allen Prozessen, die Gewalttaten betreffen, verboten ist, das Vorleben der Opfer ins Spiel zu bringen (insbesondere hinsichtlich von Psychiatrieaufenthalten, Drogenabhängigkeit, Prostitution, häufigem Partnerwechsel oder dem Sexualleben im allgemeinen);

- daß Frauenrechtsorganisationen die Möglichkeit erhalten, sich für die Opfer am Prozeß zu beteiligen;

- daß die Strafprozeßordnungen der europäischen Länder die Anwendung der Mediation in Prozessen betreffend Gewalt gegen Frauen und Mädchen ausschließen. Bei solchen Gewalttaten handelt es sich um massive Gesetzesverstöße, die als solche behandelt werden müssen.

ZUR BEKÄMPFUNG VON VERGEWALTIGUNGEN fordern wir,

- daß in die Definition von Vergewaltigung zusätzlich zum Gebrauch von Gewalt auch das Element der Bedrohung oder Überraschung und des Mißbrauchs von Macht,- Abhängigkeits- und Vertrauensverhältnissen Eingang findet;

- die Aufnahme von Vergewaltigung in der Ehe in das Gesetz und die tatsächliche Anwendung dieser Bestimmung;

- daß Vergewaltigungen im Rahmen von therapeutischen oder ähnlichen Beziehungen als Vergewaltigungen anerkannt und im Gesetz berücksichtigt werden.

ZUR BEKÄMPFUNG VON GEWALT IN EHE UND PARTNERSCHAFT fordern wir, - daß Gewalt in Ehe und Partnerschaft ausdrücklich verboten und dieses Verbot auch durchgesetzt wird. Die Gesetzgebung muß auch psychische und ökonomische Gewaltausübung berücksichtigen. Gewalt in der Partnerschaft ist ein Gesetzesbruch. Die Verantwortung des Täters muß ausdrücklich festgehalten werden. Die Anwendung von Mediationsverfahren durch die Justiz, die diese Verantwortlichkeit reduzieren oder gar aufheben würde, muß ausgeschlossen sein.

- daß Immigrantinnen die Möglichkeit haben, einen gewalttätigen Lebensgefährten zu verlassen ohne dadurch ihre Rechte, insbesondere auf Aufenthalt oder Staatsbürgerschaft, zu verlieren.

ZUR BEKÄMPFUNG VON MISSHANDLUNG UND SEXUELLER GEWALT AN KINDERN fordern wir,

- daß Mißhandlung von und sexuelle Gewalt gegen Kinder ausdrücklich verboten und dieses Verbot auch durchgesetzt wird;

- daß eine strafrechtliche Verfolgung und Schadensersatzforderungen auch noch im Nachhinein möglich sind. Verjährung darf, wenn überhaupt, erst ab der Volljährigkeit des Opfers und nicht ab dem Tatzeitpunkt eintreten.

- daß, wo notwendig, ein Vormund oder einE RechtsvertreterIn für das Kind bestellt werden kann.

ZUR BEKÄMPFUNG VON SEXUELLER BELÄSTIGUNG fordern wir,

- daß sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ausdrücklich verboten und dieses Verbot auch durchgesetzt wird;

- daß der Begriff "sexuelle Belästigung" dahingehend erweitert wird, daß er die Möglichkeit bietet, auch einen Kollegen, Kunden oder Patienten anzuzeigen;

- daß der Begriff der frauenfeindlichen (d.h. sexistischen und machistischen) Arbeitsumgebung in die Gesetzgebung eingeführt wird und die Abschaffung einer frauenfeindlichen Arbeitsumgebung eingefordert werden kann;

- daß die Arbeitgeber dazu verpflichtet werden, Maßnahmen zur Prävention und zum Schutz vor sexueller Belästigung zu ergreifen, deren Umsetzung von öffentlichen Stellen überwacht wird;

- daß auch sexuelle Belästigungen, die nicht am Arbeitsplatz stattfinden, berücksichtigt werden.

ZUR BEKÄMPFUNG VON SEXUELLER VERSTÜMMELUNG fordern wir,

- daß die Menschenrechtsverletzung der sexuellen Verstümmelung ausdrücklich verboten und dieses Verbot auch durchgesetzt wird;

- daß staatliche Kampagnen zur Prävention, zur Sensibilisierung und zur Information über sexuelle Verstümmelung und ihre Folgen durchgeführt und mit den notwendigen finanziellen Mitteln ausgestattet werden.

ZUR BEKÄMPFUNG VON ERZWUNGENEN HEIRATEN fordern wir,

- daß Mädchen, die innerhalb oder außerhalb von Europa von einer erzwungenen Heirat bedroht sind, juristische, materielle und psychische Unterstützung erhalten, um dieser Gefahr zu entgehen;

- daß solche Heiraten auf Verlangen des Opfers annuliert werden können.

ZUR BEKÄMPFUNG VON GEWALT GEGEN LESBEN fordern wir,

- daß Diskriminierung und Beleidigung von Lesben oder Homosexuellen insgesamt sanktioniert wird und daß Lesbenorganisationen gerichtlich dagegen vorgehen können;

- daß Gewalt gegen eine Frau aufgrund von ihrer sexuellen Orientierung einen strafverschärfenden Umstand darstellt. WIR VERURTEILEN DIE PORNOGRAPHIE, die eine Form von Gewalt gegen Frauen und Kinder darstellt und ihre Körper in entwürdigender Weise mißbraucht, sei es zu kommerziellen Zwecken oder nicht.

ZUR BEKÄMPFUNG VON ZUHÄLTEREI UND HANDEL MIT FRAUEN UND KINDERN fordern wir,

- daß die UNO-Konvention zur Beseitigung des Menschenhandels und der Ausbeutung durch Prostitution vom 2. Dezember 1949 ratifiziert und umgesetzt wird;

- daß die Möglichkeit der Strafverfolgung von Bürgern eines bestimmten Staates wegen Sextourismus in einem anderen Staat geschaffen wird;

- daß die Internationale Tourismus-Charta und der Code für Touristen (verabschiedet am 26. September 1985 durch die Weltorganisation für Tourismus) angewendet wird: die Veranstalter von Sextourismus-Reisen müssen auch belangt werden können;

- daß die UNO-Konvention über die Beseitigung aller Formen von Diskriminierung von Frauen sowie das dazugehörige Zusatzprotokoll ratifiziert und umgesetzt wird, insbesondere, was die Kapitel über Prostitution anbetrifft.